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14 Freiwillige weltweit. Täglich neue Eindrücke und Erlebnisse. Kleine und große Herausforderungen. Erfahrungen für das ganze Leben – all das ist das Ökumenische FreiwilligenProgramm der Evangelischen Mission in Solidarität (EMS)

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Prozession zur Kirche am Presbyterian Church Day, hier mit der Christian Women Fellowship - Gruppe (Foto: EMS/Knapmeyer)
Prozession zur Kirche am Presbyterian Church Day, hier mit der Christian Women Fellowship - Gruppe (Foto: EMS/Knapmeyer)
26. Dezember 2017

#5 Feiern in der Kirche, mal auf andere Art

Annika

Annika

Kamerun
arbeitet im Presbyterian Youth Centre mit
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Liebe Leser und Leserinnen meines Blogs!

Heute geht es bei mir um zwei kirchliche Feste, die ich in der letzten Zeit miterleben durfte. Zum einen war das das „Harvest“- Fest und der Presbyterian Church Day. Viel Spaß nun beim Lesen!

Harvest

Jeden Gottesdienst, den wir in unseren drei Monaten in Kamerun sonntags besuchten, wurde „Harvest“ (Ernte) gefeiert. Harvest kann man ein bisschen mit unserem Erntedank vergleichen. Allerdings gibt es ein paar Unterschiede, auf die ich noch näher eingehen werde.

Als wir in Kumbo am Ende der Regenzeit ankamen, hat gerade die Ernte angefangen. Zu diesem Zeitpunkt wurde vor allem viel Mais geerntet. Das Feiern von Harvest bei uns in Kumbo ging noch bis zum 3. Dezember, wie ich von unserer Gastmutter, der Pfarrersfrau, erfahren habe. Also von Anfang September bis Anfang Dezember sind das ganze drei Monate lang! Zum Vergleich: In meiner Kirchengemeinde hat das Erntedankfest an einem Sonntag stattgefunden. Hier feiert man also deutlich ausgedehnter und länger.

Unabhängig von Harvest wird gegen Ende des Gottesdienstes die Kollekte eingesammelt. Dazu stellt man sich in einer Reihe auf und geht meist tanzend zum Altar, wo man seine Geldgabe in einen Korb wirft. Begleitet wird das musikalisch von einer Gruppe, die ein Lied vorträgt. Kurz darauf fängt das Harvestfeiern an.

Nun berichte ich von dem Sonntag, an dem ich selbst beim Feiern des Harvests beteiligt war. Nachdem die Kollekte eingesammelt worden ist, haben sich die Familien meines Stadtviertels draußen vor der Kirche mit ihren Gaben versammelt. Lisann und ich gehören zur Familie Nganji, der Pfarrersfamilie, deswegen waren wir auch dabei. Ich bin jedes Mal wieder beeindruckt, was sich unter den Gaben befindet. Es gibt riesige Stangen an Zuckerrohr. Es gibt Körbe voll Mais und Kartoffeln. Es gibt verschiedene Früchte wie Orangen oder Wassermelonen. Manchmal sind auch Tiere wie Hühner in Körben dabei. Sehr amüsant fand ich es, als ich den Pfarrer Nganji mit einer lebendigen Ziege an einer Leine sah, die er gerne zum Harvest beisteuern wollte. Wir aus unserem Viertel haben uns in einer Reihe aufgestellt und sind tanzend mit den Gaben in die Kirche eingelaufen. Am Altar angekommen wurden die Gaben von den Kirchenältesten in Empfang genommen. Diese Art von Harvest nennt man hier „Quarterharvest“.

Weiter geht es mit dem Familienharvest. Als Familie Nganji haben wir neben den Nahrungsmitteln noch Geld zum Harvest beigesteuert. Dazu standen wir vorne und haben getanzt. Ziel ist es, dass andere Kirchenmitglieder zusätzlich einen Teil ihres Geldes zu unserem Geld beizusteuern. Es wurde immer gejohlt und gepfiffen, wenn jemand nach vorne kam und uns unterstützte. Für mich war es befremdlich vor der versammelten Gemeinde zu tanzen. Aber es hat Spaß gemacht und es ist für mich eine Ehre nun Teil der Familie Nganji zu sein.

Als Teil einer Gruppe trägt man sonntags zusätzlich Geld zum Quarterharvest bei. Wir als Teil von CYF (der Jugendgruppe) wurden während des Gottesdienstes ebenfalls gebeten etwas zuzusteuern.

Die Summen, die von einer Familie, von einer Gruppe oder von einem Viertel gespendet worden sind, werden von einer Person laut vorgelesen. Dabei wird geklatscht oder getrommelt und das umso lauter, je höher die Summe ist.

Nun werden alle Gaben versteigert. Auch das ist ein Unterschied zu Deutschland: In meiner Gemeinde werden die Gaben meist an die Tafel gespendet. Das Versteigern ist sehr lustig anzusehen. Zum Beispiel wurde die blökende Ziege des Pfarrers in die Höhe gehoben, damit sie auch ja jeder sieht.

Schön finde ich, dass fast jeder Kirchenbesucher und jede Kirchenbesucherin ein „cheerful giver“ (ein/e freudige/r Spender/in, siehe 2. Korinther 9,7) ist. Ich sehe Freude, wenn die Gaben gegeben werden. Ich höre fröhliche Musik. Wir tanzen. Jeder und jede trägt etwas zur Kollekte und zum Harvest bei.

Allerdings frage ich mich auch, ob das dreimonatige Harvest viele nicht unter Druck setzen muss. Belastet es nicht Familien, die wenig Geld haben? Schadet es Familien, die vielleicht nicht so viel geerntet haben? In der Gemeinde wurde schon oft gepredigt, dass es nicht auf die Summe ankommt, die man gibt, sondern auf das Geben, das aus dem Herzen kommt. Trotzdem habe ich das Gefühl, dass die Summe doch eine Rolle spielt. Ich hatte schon erwähnt, dass die gespendete Summe laut vorgelesen wird. Oder in der Jugendgruppe CYF wird Druck gemacht, dass noch ein gewisser Teil an Geld für das Harvest fehlt. Zudem weiß ich ehrlich gesagt nicht, wem das Geld zu Gute kommt. Sicher, es geht an die Presbyterianische Kirche in Kamerun, aber wofür wird es eingesetzt? Wird es für die Armen und die Kranken gespendet? Oder kommt es anderen Personen oder Institutionen wie Schulen oder Gesundheitszentren der Presbyterian Church zu Gute?

 

Presbyterian Church Day

Am 12. November 2017 hat die Presbyterian Church in Kamerun landesweit den „Presbyterian Church Day“ gefeiert. Anlass ist das fünfzigjährige Jubiläum der Unabhängigkeit von der Basler Mission. Der Tag stand unter dem Motto „Be reformed transformers“, in das auch 500 Jahre Reformation eingebaut worden ist.

Natürlich hat unsere Kirche auch einen riesigen Festtag organisiert. Am Tag zuvor wurde die Kirche festlich geschmückt und die einzelnen Gruppen haben sich die Wochen davor auf den Tag vorbereitet.

Am eigentlichen Tag haben wir uns um kurz vor acht Uhr mit unserer Jugendgruppe CYF an einer Straßenkreuzung getroffen. Von dort aus sind wir singend und tanzend zum Mittelpunkt unseres Viertels marschiert, wo wir auf alle anderen Gruppen getroffen sind. Gemeinsam sind alle Gruppen in ihren Uniformen weiter zur Kirche gepilgert. Es gab ein wahnsinnig buntes Bild alle Menschen in ihren Uniformen zu sehen!

Vor der Kirche wurde die kamerunische Flagge gehisst. Anschließend wurden die Nationalhymne und eine Hymne der Presbyterianischen Kirche gesungen. Der anschließende Gottesdienst ging über vier Stunden. In dem hat jede Gruppe ein Lied vorgetragen, das von der Jury nach Text, Rhythmus und Tanz bewertet wurde. So haben wir auch ein Lied mit unserer Jugendgruppe vorgetragen. Außerdem musste jede Gruppe Fragen zum Buch Lukas lösen (Biblequiz), diese auf einem Blatt Papier beantworten und dann abgeben. Zwei von jeder Gruppe sind angetreten um „Bibelstellenfinden“ zu spielen, also es wurde eine Bibelstelle vorgelesen und wer sie als erstes findet musste sie laut in die Runde schreien.

Sehr befremdlich für uns war es, als eine Torte zur Feier des Tages präsentiert wurde und für diese Torte gebetet wurde.

Nach dem Gottesdienst wurde draußen Eierlaufen, Sackhüpfen und Wettessen gespielt. Das sind alles Spiele, die ich noch von meinen Kindergeburtstagen kenne, aber an dem Tag gesehen habe, dass sie noch unglaublich Spaß machen können. Nach einem gemeinsamen Fufu-Essen mit unserer Jugendgruppe hat der Presbyterian Church Day für uns geendet. Danach muss ich ehrlich sagen, dass ich ein Schläfchen gemacht habe, weil es ganz schön anstrengend und erlebnisreich war.

Wer noch mehr zu dem Presbyterian Church Day erfahren möchte, kann gerne bei meiner Mitfreiwilligen Jule vorbeischauen. Sie erzählt, wie sie den Presbyterian Church Day in Douala erlebt hat.

Ich hoffe, dass ihr nun einen kleinen Einblick in zwei wichtige Feste meiner Gemeinde in Kamerun bekommen konntet!

Liebe Grüße von Annika

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Harvest: Mit den Gaben wird singend und tanzend in die Kirche eingezogen (Foto: EMS/Knapmeyer)
Harvest: Mit den Gaben wird singend und tanzend in die Kirche eingezogen (Foto: EMS/Knapmeyer)
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Alle Gaben, die später versteigert wurden (Foto: EMS/Knapmeyer)
Alle Gaben, die später versteigert wurden (Foto: EMS/Knapmeyer)