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Wandgemälde auf dem Schulgelände (Foto: EMS/Schmorrde)
Wandgemälde auf dem Schulgelände (Foto: EMS/Schmorrde)
18. November 2025

Ankommen und Alltag in Salt

Margarete

Margarete

Jordanien
Schule für gehörlose und taubblinde Kinder
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Liebe Leserinnen und Leser

Ich bin nun schon etwas mehr als zwei Monate in Jordanien, und es wird Zeit, euch von meinen Erfahrungen zu berichten.

Am 2. September bin ich mit meiner Mitfreiwilligen von Frankfurt nach Amman geflogen und wurde von dort dann von einem Mitarbeiter der Schule abgeholt und nach Salt gebracht. Da es schon 1 Uhr in der Nacht war, bin ich sofort todmüde ins Bett gefallen. Ich wohne direkt auf dem Schulgelände in einer Wohngemeinschaft mit den anderen Erzieherinnen. Wir teilen uns zu viert die Küche und den Wohnbereich, ansonsten habe ich aber ein eigenes Zimmer und ein eigenes Bad.

An meinem ersten Tag wurde ich sehr freundlich und herzlich von allen Mitarbeiter:innen begrüßt. Father Jamil, der Schulleiter, hat mich über das Schulgelände geführt und die einzelnen Bereiche erklärt. Ich möchte euch meine Einsatzstelle nun auch einmal näher vorstellen.

Das Holy Land Institute for the Deaf (HLID) ist Schule und Internat für taube Kinder. Die Kinder können ab drei Jahren hierherkommen und besuchen dann zuerst den Kindergarten und anschließend die Primary und Secondary School. Danach haben sie die Möglichkeit, noch zwei weitere Jahre die Schule zu besuchen und das jordanische Abitur zu absolvieren, oder eine Berufsausbildung zu machen. Das HLID bietet verschiedene Ausbildungen an, zum Beispiel Töpfern und Mosaikherstellung, Schneidern oder Metallarbeit. Außerdem gibt es noch die Taubblindenabteilung. Hier werden Kinder, die nicht hören und sehen können, unterrichtet und betreut. Ein wichtiges Ziel ist das Erlernen der taktilen Gebärdensprache. Dabei berühren sich die Hände der beiden Personen, die miteinander kommunizieren, sodass die taubblinde Person die Gebärden erfühlen kann. Des Weiteren gibt es eine Audiologieabteilung, in der Untersuchungen, Beratungen, Reparaturen und der Verkauf von Hörhilfen zu günstigen Preisen angeboten werden.

Nun möchte ich euch gern mehr über meine Aufgaben und Arbeitszeiten erzählen. Meine Aufgabe ist die Betreuung der Kinder am Nachmittag und Abend. Ich bin dabei in der Gruppe, in der die kleineren Jungs und alle Mädchen sind. Die älteren Mädchen bilden – anders als die älteren Jungs – keine eigene Gruppe, da sie zu wenige sind. Die jüngeren Jungs und Mädchen in der Gruppe sind zwischen 5 und 7 Jahre alt, die älteren Mädchen zwischen 12 und 20. Meistens beginne ich erst um 16 Uhr zu arbeiten, weil die Kinder davor noch mit Schule und Hausaufgaben beschäftigt sind. Ab dann spielen die Kinder draußen auf dem Schulhof. Die älteren Jungs spielen meist Fußball und manchmal auch Volleyball. Die Kleineren spielen oft Fangen, Verstecken oder beschäftigen sich mit den Spielgeräten. Manchmal wird auch gemalt oder es werden Snacks bei einem kleinen Kiosk auf dem Schulgelände gekauft. Sehr beliebt ist es auch, mit Rollbrettern einen abfallenden Asphaltweg herunterzufahren. In dieser Zeit beaufsichtige ich die Kinder zusammen mit anderen Betreuer:innen, versuche Konflikte zu lösen oder spiele auch manchmal mit. Um 18 Uhr gibt es Abendessen. Danach gehen entweder alle noch einmal raus, um für eine bis eineinhalb Stunden zu spielen, oder es wird drinnen ferngesehen bzw. gespielt. Spätestens um halb neun geht es dann aber für die Kleineren ins Bett.

An zwei Tagen in der Woche übernehme ich die Nachtschicht von 24 bis 8 Uhr. In der Zeit ist meine Hauptaufgabe, nicht einzuschlafen und für die Kinder ansprechbar zu sein. Die Zeit kann sich ganz schön ziehen, lässt sich aber doch mit Filme- oder Serienschauen, Lesen, Arabischlernen oder Blogschreiben ganz gut füllen. Ab 6 Uhr heißt es dann: Kinder wecken und ihnen beim Fertigmachen helfen. Bei manchen Kindern ist das Wecken eine ganz schöne Herausforderung, da sie partout nicht aufstehen, sondern weiterschlafen wollen. Naja, ich kann sie ja auch verstehen – um 6 ist schon ganz schön früh.

Da die Schule christlich ist, ein großer Teil der Mitarbeiter:innen und Schüler:innen aber muslimisch, sind die freien Tage hier Freitag und Sonntag. So werden der muslimische und der christliche Feiertag berücksichtigt. Im Rest von Jordanien geht das Wochenende von Freitag bis Samstag, was für mich noch immer ungewohnt ist. Einmal im Monat gibt es ein langes Wochenende, an dem die Kinder für vier Tage nach Hause fahren. In diesen Tagen habe auch ich frei und kann Jordanien erkunden.

Die Kommunikation an der Schule erfolgt größtenteils in Gebärdensprache. Das ist für mich eine Herausforderung, aber immer noch besser als auf Arabisch. Mittlerweile kann ich mich zwar relativ gut verständigen, aber vor allem, wenn die Kinder oder Mitarbeiter:innen untereinander sprechen, verstehe ich nicht viel, da sie so schnell gebärden. Dreimal pro Woche bekomme ich hier an der Schule Gebärdenunterricht und Arabischunterricht.

In meiner Freizeit besuche ich oft die anderen Freiwilligen in Amman und habe deshalb die Stadt schon relativ gut kennenlernen können. Zusammen waren wir auch schon in Madaba und am Toten Meer. Ansonsten erkunde ich auch gern Salt. Die Innenstadt ist von der Schule nur etwa zehn Minuten zu Fuß entfernt.

Insgesamt habe ich mich hier schon gut eingelebt und fühle mich an der Schule sehr wohl. Ich mag vor allem den familiären Umgang. Die Kinder verhalten sich, finde ich, fast wie Geschwister. Da wird zwar öfters miteinander gestritten, aber es wird vor allem auch zusammen gespielt, rumgealbert und gelacht.

Danke für euer Interesse und bis bald!

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Die Wippe ist immer sehr beliebt, nicht nur zum wippen, sondern auch zum quatschen (Foto: EMS/Schmorrde)
Die Wippe ist immer sehr beliebt, nicht nur zum wippen, sondern auch zum quatschen (Foto: EMS/Schmorrde)
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Die älteren Jungs beim Fußballspielen (Foto: EMS/Schmorrde)
Die älteren Jungs beim Fußballspielen (Foto: EMS/Schmorrde)

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