Weltweit erlebt
14 Freiwillige weltweit. Täglich neue Eindrücke und Erlebnisse. Kleine und große Herausforderungen. Erfahrungen für das ganze Leben – all das ist das Ökumenische FreiwilligenProgramm der Evangelischen Mission in Solidarität (EMS)
Wilkommen zum ersten Teil meines Abenteuers. (to be continued...)
Bevor ich in Kamerun ankam, dachte ich immer ich wäre zuerst todunglücklich und würde als erstes meine Familie, meine Freunde und besonders meinen Freund vermissen, also im Prinzip mein ganzes Leben. Im Moment ist das einzige was ich wirklich vermisste habe, durchgehend gute Straßen und gscheite Sanitäranlagen, sprich Klos mit Brille, Klopapier und besonders einer funktionierenden Spülung (natürlich auch hier möglich, aber bis jetzt selten).
Aber wir haben auch erst Tag vier. Ich war mir auch sicher, ich würde beim Abschied am Flughafen wie ein Schloßhund heulen, wie der ganze - anwesende - Rest meiner Familie, eben so, wie es bei meiner ältesten Schwester war, als sie vor Jahren mit der EMS nach Indien verschwand. Auch da habe ich mich getäuscht, jedoch hatte ich im Flugzeug, genau wie meine beiden Mitreisenden Jorinde und Julia, keine große Lust mehr auf den Einsatz in Kamerun und wären am liebsten sofort wieder nach Hause umgekehrt, wenn auch nur für ein paar Tage länger. Was allerdings auch daran lag, dass wir um drei Uhr morgens aufstehen mussten, weshalb wir alle müde und komplett motivationsbefreit waren (was für mich allerdings auch nicht sonderlich ungewohnt ist), dazu kam, dass wir alle daran denken mussten, wen und was wir alles zurücklassen. Unser zweiter, sechsstündiger Flug von Paris nach Douala war verdammt anstrengend. Wie allgemein üblich hatten wir einen Fußraum zur Verfügung, der höchstens einer Dreijährigen ausgereicht hätte, dazu kam bei mir noch Kopfweh und bei Landeanflug auch Übelkeit.
Schon auf dem Flughafen war die Luft drückend schwül und es kam uns bei gerade mal 26° unglaublich heiß vor. Zur allgemeinen Erleichterung war die Person (laut unseren Informationen der dortige Pfarrer), die uns abholen sollte, bereits da als wir auscheckten. Er wartete auch geduldig mit uns auf unsere insgesamt fünf Koffer, die, wie sollte es auch anders sein, fast als letztes auf dem Gepäckband landeten. Draußen erwartete uns ein klimatisierter Jeep mit Fahrer, der uns einmal quer durch die Stadt chauffierte, als er irgendwann den Mann rausließ, der uns abgeholt hat. Der Horror! Schließlich sollten wir ja bei dem Pfarrer auch übernachten - dachten wir zumindest. Daraufhin brachte uns der Fahrer zur Kirche, genauer gesagt zum Gemeindehaus nebenan. Dort lernten wir dann auch den wirklichen Pfarrer, Miki, kennen. Dieser stellte uns den Leuten vom CYF, dem Christian Youth Fellowship, vor. Wir standen alle drei recht bedröppelt in der Gegend rum, waren verlegen und fühlten uns etwas fehl am Platz, besonders als die CYF Gruppe uns ein Willkommenslied sang. Daraufhin hat uns die Frau von Pfarrer Miki ein sehr leckeres Abendessen serviert.
Anschließend wurden wir erneut quer durch Douala gefahren, zu dem Haus von Rose, unserer Gastgeberin die uns von Freitagabend bis Sonntag früh beherbergt hat. Bei unserer Ankunft waren wir recht erstaunt darüber, wie luxuriös unsere Unterbringung war. Das Haus ist riesig und uns wurden zu dritt zwei Zimmer mit jeweils Doppelbetten und eigenen Bädern bereitgestellt. Da wir alle noch etwas unsicher waren, beschlossen wir, uns noch eine Matratze zu besorgen und zu dritt ein Zimmer zu teilen. Das einzig nervige war die Klimaanlage, die gefühlt auf Arktis eingestellt war. Unwohl war uns auch dabei, dass wir ständig bedient wurden und beispielsweise unsere Koffer für uns nach oben gebracht wurden.
Am nächsten Morgen war ich die erste, die richtig wach war und da ich von unten Musik hörte, beschloss ich, mal nachzusehen. In der Küche waren die ganzen "Kinder" des Hauses versammelt und bereiteten bereits das Mittagessen vor, ich durfte ebenfalls mithelfen. Forgiveness, die älteste und einzige unter ihnen, die gut Englisch sprach (Douala ist eher frankophon), ist bereits 29, allerdings hatten wir sie eher auf unser Alter (18/19) geschätzt. Dann waren da noch der 20-jährige Fresnell, die 14-jährige Naomi und der zehnjährige Nawelle. Alle außer Forgiveness waren dabei, in der Küche zu tanzen, was mich an meine Schwestern und mich erinnerte. Allgemein kam es mir an dem Tag nicht so vor, als wäre ich besonders weit weg von zu Hause, gerade da wir das Haus, dass durch eine Mauer eher isoliert ist und selbst für westliche Standards sehr angenehm ist, nicht lange verlassen hatten. Weitere Faktoren waren etwa die Orangina und Cola, die wir zu trinken bekamen, das Baguette zum Frühstück und dass alle entweder Französisch, Deutsch oder Englisch sprachen. Ungewohnt war es jedoch, dass irgendwann morgens das Wasser abgestellt wurde, weshalb wir notgedrungen eine Eimerdusche nehmen mussten. Den Tag verbrachten wir mit den "Kindern" des Hauses, die, wie wir erfahren hatten, eigentlich die Nichten und Neffen der Gastgeberin sind. Wir spielten Karten und zeigten uns gegenseitig Fotos. Nachmittags gingen Fresnell und Forgiveness mit uns zum Sim-Karten kaufen und später um Geld darauf zu laden, damit wir uns eine Internetflat holen konnten. Sobald diese aktiv war, saßen wir drei wie die Zombies vor unseren Handys und waren mindestens eine halbe Stunde nur noch mit Tippen beschäftigt, weil wir sofort von Familie und Freunden mit Fragen bombardiert wurden, was sehr schnell anstrengend wurde. Abends wurde Fisch gegrillt und alle haben zusammen im Garten gegessen.
Am nächsten Morgen, dem Sonntag, wurden wir um kurz vor sechs Uhr geweckt, damit wir zum ersten Sunday Service gehen können. Dieser ging über zweieinhalb Stunden lang, wobei wir nicht mal die Hälfte verstanden haben, obwohl er auf Englisch gehalten wurde. Für die Kollekte stellt sich die Gemeinde leicht tanzend in eine Reihe und schmeißt ihr Geld vor aller Augen nacheinander in zwei separate Gefäße, eins für Scheine und eins für Münzen. Beim Abendmahl gabs es für den Wein große Tablets mit Halterungen für jedes einzelne kleine Gläschen, getrunken wurde der Wein in dem man ruckartig den Kopf zurückreißt. Unterhaltsam wurde der Gottesdienst dadurch, dass man gut "people watching" machen konnte, besonders da die Frauen oft so schick angezogen waren, dass sie gleich weiter zu einer Konfirmation gehen könnten. Und auch die Windel beziehungsweiße Unterhose der höchstens einjährigen Tochter ist vom selben Stoff wie deren Kleid. Nach dem ersten Gottesdienst bekamen wir ein kurzes Frühstück, woraufhin wir uns gleich wieder in den zweiten Gottesdienst gesetzt haben (dieser dauert normalerweise drei bis dreieinhalb Stunden), da wir auf den Pfarrer warten mussten, der mit uns nach Bamenda fährt. Zwar gab es in der Kirche einen zweiten Pfarrer, jedoch war Miki auch beim zweiten Gottesdienst anwesend. Da die Predigt, Schriftlesungen und so weiter identisch waren und wir nach zweieinhalb Stunden bereits genug hatten, waren wir darüber nicht gerade begeistert. Besonders da die Musik, aufgrund der zu laut eingestellten Lautsprecher, uns in den Ohren dröhnte. Zum Glück durften wir nach einer Weile raus und konnten beim Auto warten.
Pfarrer Miki hat extra wegen uns den Gottesdienst abgekürzt, da es bereits Mittag war und wir schlussendlich acht Stunden gebraucht haben, bis wir Bamenda erreichen konnten. Der Großteil der Straße von Douala aus war recht angenehm, geteert und nur mit vereinzelten Löchern, jedoch waren die letzten beiden Stunden die holpernde Hölle. Im übrigen sind die Toiletten an Tankstellen mitten in der Pampa Kameruns deutlich angenehmer, als so manche französische Raststättentoilette. Am frühen Abend hielten wir dann beim Dekan von Bamenda, wo sich bereits etliche Pfarrer trinkend unterhielten. Jorinde und Julia, die beide Heimweh hatten, fühlten sich zusehends unwohler. Daraufhin habe ich beschlossen, für uns das Reden zu übernehmen, da es mir deutlich besser ging. Das führte dazu, dass die Pfarrer mich scherzhaft mit Margaret Thatcher verglichen ("hard leader, but soft person") - nun, das nehm ich mal als Kompliment.
Einer der Pfarrer hat uns auch noch kurz zum Abendessen zu sich eingeladen, da er sowieso keine zwei Minuten von unserem Gästezimmer entfernt wohnt. Als wir ankamen, setzte er sich mit uns vor den Fernseher. Ein Mann war auf dem Bildschirm zu sehen, der bei einer größeren Veranstaltung ausgelassen tanzte. Unser Gastgeber erklärte uns daraufhin, dass es sich um den kamerunischen Präsidenten Paul Biya handle, der tanze um für seine Wiederwahl mehr Stimmen zu bekommen. Woraufhin wir drei uns lachend ausmalten, wie es aussähe, wenn Merkel dies versuchen würde. Nach dem Frühstück am nächsten Morgen, mussten Julia und ich uns von Jorinde verabschieden, da ihre Stelle in Wum und unsere in Kumbo ist. Ihr war auch sehr unbehaglich bei dem Gedanken allein zu sein. Doch zuvor wollten wir noch unsere Koffer packen, was durch eine Horde Erstklässler unterbrochen wurde, für die wir Weiße die Attraktion des Tages waren und die neugierig in unser Gästezimmer reinlugten.
Heute war in Kamerun auch la rentreé (Schulanfang), was auch groß vermarktet wird wie in Frankreich. Die Fahrt war recht eintönig und wurde nur durch das Mittagessen in einem Rastaurant unterbrochen. Ich habe Yamswurzeln, Fufu (ähnlich wie Maisgrieß) und ein Stück Kuhhaut probiert, was sehr zäh und gummiartig war - was nicht ganz meinen Geschmack traf. Mit Erleichterung kamen wir in Kumbo an, endlich "zuhause". Wir wohnen im Gemeindehaus, dass noch nicht komplett fertig gestellt ist, entsprechend staubig ist es überall. Das Gemeindehaus liegt direkt hinter der Kirche und neben dem Pfarrhaus. Unser Schlafzimmer haben wir auch sehr rasch gefunden, jedoch ist die Küche, das andere Bad und das andere, kleinere Schlafzimmer (was wir jedoch anderweitig verwenden werden), wo anders als das obere. Die Wohnung ist sehr staubig, weshalb wir die erste Nacht im Gästezimmer des Pfarrhauses verbringen, aber trotzdem sind wir beide sehr zufrieden, da es eine schöne Wohnung mit bunten Wänden ist und wir uns bereits darauf freuen, richtig einzuziehen.