
Weltweit erlebt
14 Freiwillige weltweit. Täglich neue Eindrücke und Erlebnisse. Kleine und große Herausforderungen. Erfahrungen für das ganze Leben – all das ist das Ökumenische FreiwilligenProgramm der Evangelischen Mission in Solidarität (EMS)

Eine Beerdigungszeremonie der etwas anderen Art
Die Toraja gehören zwar schon seit längerer Zeit dem Christentum an. Trotzdem halten sie an ihrem ursprünglichen Glauben fest und befolgen Rituale wie sie es schon vor Jahrhunderten taten.
Für die teilweise riesigen Beerdigungszeremonien reisen viele Angehörige von weit her an. Dementsprechend wuselig sind die Beerdigungsstätten. Auf dem Boden liegen Wasserbüffelköpfe in ihrer eigenen Blutlache und ausgenommene Büffelkörper sowie in Bambusgerüste eingezwängte Schweine. Die Hütten sind aus Bambus gebaut und werden mit Roten Tüchern mit Toraja Mustern verziert.
Es hängt ein Eisengeruch in der Luft vermischt mit dem Geruch der Nelkenzigaretten, die wirklich äußerst beliebt sind, und Kaffee.
Je nach sozialem Status fallen die Zeremonien größer oder kleiner aus. Bei großen Zeremonien dauert die Beerdigung etwa sieben Tage.
1. Tag: Der Tote wird in einen Sarg eingebettet zur Beerdigungsstätte gebracht. Er wird dabei nur von den engsten Verwandten begleitet sowie geschmückten Wasserbüffeln. Bereits am ersten Tag werden circa drei Wasserbüffel geopfert und ein traditioneller Tanz aufgeführt, der die Lebensgeschichte des Toten symbolisieren soll. Im Anschluss folgt noch ein Büffelkampf, die im Übrigen sehr beliebt sind und stets auch einige Fans mitbringen.
2. Tag: An diesem Tag werden die Freunde und Angehörige empfangen. Als Gastgeschenke habe ich meist Zigaretten mitgebracht, engere Bekannte haben hingegen Wasserbüffel oder Schweine geschenkt. Im Laufe der Zeremonie werden traditionelle Tänze vorgeführt wie der " Ma´badong" (unten im Bild) und Essen und Trinken wird serviert. Gegen Ende der Zeremonie wird dann der in Toraja bei den Männern sehr geliebte Palmwein "Tuak" getrunken.
3. Tag: Zu diesem Tag habe ich mich bloß zweimal auf eine Beerdigung getraut. Es werden nämlich alle restlichen Büffel geschlachtet und alle Schweine getötet. Die Schlachterei findet auf dem Hauptfeld vor den Augen aller Gäste statt. Begonnen wird häufig mit dem Wertvollsten, denn auch hier gibt es klare Regeln. Mit einer Machete schlägt ein Toraja in die Kehle, der dann in den nächsten ca.10 min einen Todeskampf führt. Im Laufe des Tages geschieht das gleiche dann allen anderen Büffeln auch. Bei den Beerdigungen, die ich besuchen durfte waren das um die 30, aber bei riesigen Zeremonien können das auch gut und gerne mal einige hundert sein.
Ab 24 geopferten Büffeln bekommt die Familie zusätzlich ein geschnitztes Abbild des Verstorbenen, Tau-Tau genannt, häufig sogar in lebensechten Maßen.
Ein Wasserbüffel ist übrigens wirklich wertvoll. Umgerechnet hat ein Büffel einen Wert von mehreren Tausend Euro. Die weißen Büffel können sogar bis zu 40.000€ kosten. Der Büffel ist ganz besonders ein Symbol für Reichtum und Macht.
Die Schweine hingegen sind nicht so wertvoll und kosten nur einige hundert Euro und werden daher hinter dem Haus getötet und dann mit einer Flamme angekokelt, sodass die Haare abbrennen. Die Tiere werden dann auch genau wo sie gestorben sind auseinandergenommen. Am Ende des Tages wird einem dann ein Stück Fleisch in die Hand gedrückt, was man dann mit nach Hause bringen darf.
Die Toraja glauben, dass durch die geopferten Büffel die verstorbene Person schneller nach Puya kommt. Es gilt also: Je mehr Büffel, desto besser!
Zu meiner ersten Beerdigungszeremonie wurde ich von meinen RBM Kolleginnen mitgenommen. Nenek Jodi (Oma Jodi), eine ehemalige Mitarbeiterin des RBM sollte dort einen würdigen Abschied bekommen. Da sie einer wohlhabenden Familie entstammte bekam sie ein sehr großes Fest, was fünf Tage anhielt.
Es wurden hunderte von Gästen empfangen. Im Laufe der Zeremonie, während ich gerade aß, hörte ich auf einmal viele Schreie und es wurde vor meinen Augen in dem Moment ein Büffel geschlachtet. Ich wollte mich nicht anstellen und zwang mich hinzusehen wie der Kopf nach hinten schlug und das Blut aus dem Einstichtloch strömte. Als ich meinen Kolleginnen gestehen musste, dass ich nun nicht mehr essen könne, lachten sie und sagten, dass es allen Ausländern so ginge, die sich diesen Moment mitansahen.
Danach habe ich mir mit angesehen wie die kleinen Kinder auf dem Schlachtfeld spielten und wie die Menge an Menschen auf dem Feld herumtrampelte. Kein Wunder, dass es für keinen Toraja eine Herausforderung ist, sich all das mitanzusehen.
Auch bei einem Schlachttag, zu dem ich am Ende meiner Zeit in Toraja ging, war die Atmosphäre super entspannt. Während die letzten Verhandlungen im Gange waren, um ein letztes Mal die Einstimmungen der Familien einzuholen, stand ein vielleicht 12-jähriges Mädchen vor mir auf dem Matschfeld und blies entspannt ihre Seifenblasen. Andere Männer saßen herum und schauten immer mal wieder, ob das Spektakel nun beginnen würde.
Ich hingegen war an diesem Tag total angespannt, weil ich vor den Schlachttagen immer Respekt hatte. Plötzlich ging ein Jubelschrei durch die Menge und ich konnte den dumpfen Schlag der Machete hören. Kurz darauf sah ich mit an wie der erste Büffel seinen Todeskampf begonnen hatte. An diesem Tag folgten 17 weitere Schlachtungen.
Was ich immer sehr toll an den Beerdigungen fand waren die gemeinsamen Abende. Häufig hat man sich nach den Gebeten noch zusammengesetzt und andere Menschen kennengelernt. Eine Beerdigungsstätte ist auch immer ein Treffpunkt von Freunden. Nach der Arbeit oder Schule gehen die Männer oder Jungs zusammen dorthin, machen zusammen Musik, trinken und rauchen gemeinsam.
Mein Highlight auf all den Beerdigungen war, als ich den Tanz "Ma´badong" mittanzen durfte, den eigentlich bloß Männer tanzen dürfen. Das war echt ein ganz besonderer Moment für mich.
Als ich bei Henriette in Mamasa war, wurde ihre Familie auch auf eine Beerdigung eingeladen. Uns wurde während der Zeremonie erlaubt die Trommelschläge zu spielen. Das fand ich auch sehr beeindruckend!
Ich glaube in der gesamten Zeit war ich vielleicht 30 Mal auf Beerdigungen und jedes Mal war es wieder ein bisschen anders und es blieb immer etwas Neues zu entdecken.

