Weltweit erlebt
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Weltweit erlebt

14 Freiwillige weltweit. Täglich neue Eindrücke und Erlebnisse. Kleine und große Herausforderungen. Erfahrungen für das ganze Leben – all das ist das Ökumenische FreiwilligenProgramm der Evangelischen Mission in Solidarität (EMS)

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Blick über einen Teil von Mamasa nach einem heftigen Regenschauer. Hier in den Bergen fand das EMS-Regional-Meeting statt. (Foto: EMS/Heinrich)
Blick über einen Teil von Mamasa nach einem heftigen Regenschauer. Hier in den Bergen fand das EMS-Regional-Meeting statt. (Foto: EMS/Heinrich)
11. Oktober 2017

Ein Land mit vielen Gesichtern

Johann

Johann

Indonesien
hilft bei der Kinder- und Jugendarbeit mit
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oder: Erste Eindrücke aus Indonesien

Die letzten 42 Tage habe ich eine neue Kultur kennengelernt, neue Verhaltensweisen beobachtet, neues Essen probiert, neue Menschen getroffen, neue Traditionen entdeckt, eine neue Sprache gelernt. Manches fällt schwerer und manches leichter, aber an alles wird man sich wohl früher oder später gewöhnen. Beginnen wir aber von vorn: 

Am 1. September sind wir fünf EMS-Freiwilligen nach insgesamt etwa 15 Flugstunden in Denpasar/ Bali gelandet. Dort durften wir ein großartiges Vorbereitungsseminar erleben - gemeinsam mit Shaun, einem Freiwilligen des Süd-Süd-Programms aus Südafrika (Moravian Church Elim), mit dem wir uns schnell anfreundeten. Neun Tage lang verbrachten wir mit Mitarbeitern des MBM (Organisation, die mit der EMS zusammenarbeitet), die mit uns Projekte besuchten, Sprache lernten, uns kulturelle Unterschiede erklärten und tolle Orte auf Bali zeigten. Auch über organisatorische Dinge wie die Visumsverlängerung und das richtige Verhalten bei Krankheiten wurden wir bestens informiert und konnten all unsere Fragen loswerden. Das Seminar fand in Englisch statt, bevor wir uns langsam daran gewöhnen mussten, uns auf indonesisch zu verständigen. Auch erste Erfahrungen im Straßenverkehr konnten wir sammeln, indem wir ein paar Stunden Unterricht im Motor-Fahren erhielten. Motors sind das wohl beliebteste Fortbewegungsmittel hier: Klein wie ein Mofa und mit der Leistung eines Motorrads kommt man damit nahezu überall schnell hin. Unsere ersten Fahrstunden waren eine große Freude und am Ende durften wir sogar kurze Strecken auf wenig befahrenen Straßen fahren (natürlich immer mit professioneller Begleitung vor und hinter uns). 

Der Verkehr hier ist tatsächlich besonders eindrücklich. Es fährt eben jeder, wie er will und eine unvorstellbare Zahl an Motors drängt sich links und rechts an den Autoschlangen vorbei. An jeder Ausfahrt gibt es Leute, die einen für ein Trinkgeld auf die Straße winken und den Rest des Verkehrs aufhalten, ansonsten würde man niemals irgendwo rauskommen. Anhalten muss deswegen trotzdem niemand, die Motors weichen auf den Fußweg aus (Fußgänger gibt es hier schließlich kaum) und die Autos auf die Gegenfahrbahn - nach dem Motto: Irgendwie wird es schon passen. Und das tut es auch! Es wird zwar viel gehupt, aber niemand regt sich wirklich über andere auf. Geduld muss man haben auf Indonesiens Straßen - und einen gesunden Rücken, der auch Huckelpisten übersteht. 

Seit dem 9. September sind wir nun an den Orten, die wir die nächsten sechs Monate unsere Heimat nennen werden. Ich selbst wohne bei Pfarrer Erasmus Hariawang und seiner Frau Martha Bunga, gemeinsam mit großer Familie in einem Haus. Hier erlebe ich das Familienleben mit, spiele mit meinen kleinen Gastgeschwistern oder nehme mit Eras und Martha an einem von vielen Gottesdiensten teil. Diese finden hier nicht nur am Sonntag in der Kirche, sondern auch unter der Woche in den Häusern der Gemeindeglieder statt. Die Zahl dieser Andachten bewegt sich zwischen einer und vier pro Woche - einmal hatten wir sogar zwei direkt hintereinander. Ich genieße so jedoch die Möglichkeit unter Menschen zu kommen, auch wenn ich die Botschaft der Predigt sprachlich noch nicht verstehe. Den Bibeltext kann ich in meiner deutschen Bibel aber mitlesen und mir so meine eigenen Gedanken machen und versuchen, einzelne Worte und Zusammenhänge zu verstehen. 
Neben diesen regelmäßigen Gottesdiensten habe ich mit meiner Gastfamilie auch schon viele einzigartige Ausflüge miterleben dürfen: So waren wir bei zwei großen Hochzeiten (bei einer durfte ich gemeinsam mit ein paar anderen Auserwählten auf die Bühne und einen kleinen Showtanz zum Besten geben - vor 700 Gästen), bei der Graduation der Theologie-Hochschule, bei der Einführung von Eras' Nichte als Pfarrerin auf Selayar (eine Insel südlich von Sulawesi), bei einer charismatischen Predigt des indonesienweit bekannten Pfarrers Gilbert Lumoindong sowie beim EMS Regional Forum in Mamasa (einer Kleinstadt in den Bergen West-Sulawesis). Dort trafen sich die Kirchenleitenden aller Mitgliedskirchen der EMS auf Sulawesi, um über verschiedene Themen zu diskutieren. Auch deutsche Mitarbeiter der EMS waren angereist und somit hatte ich mit Henriette (meine Mitfreiwillige in Mamasa) und den anderen EMSlern mal wieder ein paar deutsche Gesichter um mich. 

Oft brauche ich einfach etwas Zeit, um die vielen außergewöhnlichen, beeindruckenden, befremdlichen oder auch einfach wunderschönen Erfahrungen zu verarbeiten. Vieles ist anders, aber alle Menschen, die ich bisher hier kennenlernen durfte, sind so dankbar für das, was sie haben. Sie genießen es und regen sich nicht über jede Kleinigkeit auf.  
Natürlich besteht mein Leben hier nicht nur aus Ausflügen und Gottesdiensten, sondern ich habe auch meine Aufgaben und Pflichten. Im September haben wir uns ein paar Stellen zusammengesucht, an denen ich mitarbeiten und -helfen kann. Da ich der erste Freiwillige in der GKSS (Gereja Kristen Sulawesi Selatan - Christliche Kirche Südsulawesis) bin, kann es auch gut sein, dass sich diese Aufgaben im Laufe der Zeit noch einmal verändern oder verschieben. 

Seit Oktober arbeite ich jetzt jeweils einmal die Woche in zwei Waisenhäusern, in denen ich Englisch-Unterricht gebe und mit den Kindern und Jugendlichen Zeit verbringe. Das ist manchmal etwas schwierig, da alle Kinder auf verschiedenen Leistungsleveln sind und somit wird es für die ersten langweilig, wenn die Kleinsten noch nichts verstehen. Ich denke aber, dass ich die Klassen eventuell in Zukunft teile und dieses Problem ganz gut lösen kann. Erst heute habe ich mit wenigen indonesischen Worten den Kindern das UNO-Spielen beibringen können, was zu einem dreieinhalbstündigen Spielenachmittag mit viel Spaß und Geschrei geführt hat.  
Weiterhin bin ich in der Kinderarbeit der Gemeinde aktiv, werde einmal die Woche den Kindern Englisch beibringen und hin und wieder in der SundaySchool mithelfen. Eine dritte Aufgabe besteht im Englischunterricht im Büro der Kirchenleitung - diesmal für Erwachsene, eine spannende und herausfordernde Sache! 

Diese Aufgaben werden mich jetzt also in der nächsten Zeit begleiten. Die größte Herausforderung stellt immer noch das Erlernen und vor allem Nutzen und Verstehen der indonesischen Sprache dar, der ich mich aber täglich immer wieder stelle(n muss). 
Alles in allem kann ich sagen, dass ich mich noch an vieles gewöhnen muss. Aber auch, dass ich liebe Menschen um mich herum hab, die mir diese Eingewöhnung sehr erleichtern. Mir geht es gut in Indonesien und ich freue mich auf weitere Erlebnisse und Herausforderungen! Und auf weitere Gesichter dieses Landes, die ich noch kennenlernen darf! 

 

Beste Grüße von der anderen Seite,

Johann

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EMS-Freiwillige in Indonesien: Johann, Henriette, Shaun, Pina, Berit und Helena. Im Hintergrund sieht man Irene, die für uns große Teile des Seminars gestaltete, zum Beispiel das Motor-Fahren auf dem MBM-Gelände. (Foto: EMS/Heinrich)
EMS-Freiwillige in Indonesien: Johann, Henriette, Shaun, Pina, Berit und Helena. Im Hintergrund sieht man Irene, die für uns große Teile des Seminars gestaltete, zum Beispiel das Motor-Fahren auf dem MBM-Gelände. (Foto: EMS/Heinrich)
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F8-Festival in Makassar: Direkt am ersten Abend bin ich mit meinem Gastbruder Evan zum Pantai Losari gefahren, um Teil dieser Menschenmenge zu sein. (Foto: EMS/Heinrich)
F8-Festival in Makassar: Direkt am ersten Abend bin ich mit meinem Gastbruder Evan zum Pantai Losari gefahren, um Teil dieser Menschenmenge zu sein. (Foto: EMS/Heinrich)