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Straße in der Nähe des Gemüsemarkts in Secunderabad (Foto: EMS/Stahl)
Straße in der Nähe des Gemüsemarkts in Secunderabad (Foto: EMS/Stahl)
26. Oktober 2022

Ankommen, Eindrücke verarbeiten und strukturieren

Marlene

Marlene

Indien
Hostel für Mädchen
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Heute bin ich den 19. Tag in meiner Einsatzstelle und den 22. Tag in Indien.

In den ersten vier Tagen hatten wir Indien-Freiwilligen in Chennai im zentralen Büro der CSI (Church of South India) ein kurzes Einweisungsseminar. Die Themen waren unter anderem die indische Kultur, unsere Rechte als deutsche in Indien, aber auch die Struktur der CSI. Ich persönlich fand vorallem die Einblicke in die indische Geschichte, sowie die Informationen über die jetzigen Verhältnisse im Land sehr Interessant und bin sehr dankbar dafür, dass sie uns auf den Weg gegeben wurden.

Außerdem haben wir viele Kirchen in der Stadt Chennai besucht, waren am Strand, in einem BBQ Restaurant und auf einer Straße, auf der sich mehrere Läden, die Stoffe verkauften, befanden. Dabei hat Herr Rev. Ch. John Nischal Kumar das Programm organisiert und war immer an unsere Seite. Auch seine Frau und seine kleine Tochter haben sich sehr lieb um uns gekümmert und uns in eine „mall“ mitgenommen.

Besonders in diesen ersten Tagen in Indien war ich oft sehr schnell müde. Zum einen hatte ich bestimmt einen kleinen Jetlag, zum anderen hat mein Gehirn sehr viel zu verarbeiten.

Bevor ich hierher gekommen bin, konnte ich mir überhaupt nicht vorstellen, wie Indien ist. Alleine, wie eine Straße aussieht, war eine Frage, die ich mir oft gestellt habe. Natürlich habe ich mit meinen Freunden und alleine versucht, über das Internet Bilder zu finden, die mir diese Frage beantworten können. Aber das waren natürlich immer nur kleine Ausschnitte und es hat nicht wirklich geholfen. Ich wusste ja gar nicht, ob überhaupt so viel anders ist oder ob es vielleicht fast genauso ist, wie ich es aus Europa kenne? 

Tatsächlich ist es anders aber natürlich auch ähnlich wie zuhause. Natürlich fahren auf den Straßen Autos und es gibt einen Fußweg. Allerdings fahren, zumindest hier in Secunderabad, neben den Autos auch sehr viele Motorräder und Mopets durch die Straßen. Ebenfalls Linienbusse, Fahrräder und Motorrikschas. Hauptsächlich sind es jedoch etwa in gleichen Anteilen Autos, Motoorräder/Mopets und Motorrikschas. Fahrräder sind eher eine Seltenheit.

Straßen sind nicht etwa mein Hauptinteresse oder eine besondere Leidenschaft ich wollte nur gerne an einem Beispiel verdeutlichen, wie neu alles für mich ist, und wie wenig Vorstellungen von ALLEM ich hatte und habe.

Als ich dann in Secunderabad in meiner Stelle angekommen war, bezog ich mein Zimmer. Da das Hostel in den letzten zwei Jahren aufgrund der Corona Pandemie geschlossen war und niemand das Zimmer, in dem ich wohne, benutzt hatte, sah es für meine Verhältnisse von Gemütlichkeit und Reinlichkeit nicht wirklich einladend aus. Tatsächlich habe ich mich in der ersten Stunde, die ich in der Stelle verbracht habe, innerlich geweigert, meinen Koffer auszupacken, weil ich, sobald es ging, wieder abreisen wollte. Als ich dann aber gefrühstückt hatte, Zugang zum Wlan bekam und mir meine Gastmutter Pramila (die Warden des Girls Hostels) versichert hatte, dass sie und ihre Familie sowie die anderen Angestellten des Hostels alles tun würden, damit ich mich wohlfühle, habe ich mich etwas beruhigt und mich daran gemacht meine Sachen auszupacken. 

In den ersten zwei Tagen im Hostel habe ich viel mit meiner Mutter telefoniert und sehr viel geweint. Meine Gastfamilie hat fast immer gemerkt, so auch in der ersten Schreckstunde nach dem Ankommen, wenn etwas nicht gestimmt hat. So wurde nach und nach organisiert, dass mein Fußboden noch einmal gewischt wurde (eigentlich hatte Pramila bevor ich gekommen war, jemanden dafür bezahlt, aber offensichtlich hat die Person nur das Geld einkassiert und nicht geputzt), dass einiges an alten Elektrogeräten aus meinem Zimmer geräumt wurde und das ich noch einen zusätzlichen Tisch und einen Stuhl bekam. Ich habe mich dann mit Feuereifer daran gemacht, alles sauber zu machen und zu putzen (Dabei muss erwähnt werden, dass ich nichts davon hätte selber machen müssen, ich aber darauf bestand, da ich gerne putze und mich außerdem von meinem Heimweh ablenken wollte). Dieser Enthusiasmus wurde aber nach kurzer Zeit getrübt, als ich merkte, dass mich nachts Ratten in meinem Zimmer besuchen. Als ich dann auch noch Spuren direkt neben der Stelle, wo mein Kopf nachts liegt, fand, habe ich mich sehr, sehr unwohl in meinem Zimmer gefühlt. Als ich meiner Gastfamilie davon erzählte, haben sie sich auch darum gekümmert. Mein Zimmer wurde daraufhin von einem „carpenter“ rattenfest gemacht. Obwohl sich alle sehr gewissenhaft darum gekümmert haben, dass ich keine nächtlichen Besucher mehr bekomme, habe ich mich bald sehr schlecht gefühlt, als ich mitbekam, dass die Mädchen, die hier im Hostel wohnen, ebenfalls jede Nacht von Ratten besucht werden.

Mittlerweile habe ich keine Ratten mehr in meinem Zimmer. Mein Heimweh ist fast vollständig verflogen und wenn ich an meine Familie und meine Freunde denke, dann ist es eher ein Gefühl von Dankbarkeit und Zuneigung, was mich überkommt. Dadurch, dass ich mich jetzt richtig wohl hier fühle, kann ich es sehr genießen, hier zu sein. Ich genieße die Sonne, die immer kühler werdenden Temperaturen, dass leckere Essen und jeden Tag neue Dinge auszuprobieren und zu lernen.

Mein Plan für die nächsten Wochen hier ist, mir einen Alltag zu schaffen, mit dem ich mich wohlfühle. Dazu gehört für mich auch, sobald ich meine Registrierung in den Händen halte, einen Vertrag im Fitnessstudio zu unterschreiben. Außerdem möchte ich mithilfe von Pramila und den Mädchen unbedingt Telugu lernen. Pramila und ich haben außerdem die Verabredung, dass sie mir ein paar Rezepte beibringt und ich mal etwas Deutsches für sie und ihre Familie koche. Darauf freue ich mich sehr.

Ihr hört bald wieder von mir!

Marlene

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Läden in der Nähe des Basars (Foto:EMS/Stahl)
Läden in der Nähe des Basars (Foto:EMS/Stahl)
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Rover mit Schulhof im Hintergrund (Foto:EMS/Stahl)
Rover mit Schulhof im Hintergrund (Foto:EMS/Stahl)

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