Weltweit erlebt
ÖFP

Weltweit erlebt

10 Freiwillige weltweit. Täglich neue Eindrücke und Erlebnisse. Kleine und große Herausforderungen. Erfahrungen für das ganze Leben – all das ist das Ökumenische FreiwilligenProgramm der Evangelischen Mission in Solidarität (EMS)

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Das beliebte Karussell sieht zwar klein aus, es passen aber alle 15 Kinder darauf ;) (Foto: EMS/Beerlage)
Der Spielplatz vom Crash
30. November 2016

Meine neue Arbeitsstelle

Johanna

Johanna

Indien
wirkt in einem Krankenhaus und Kinderheim mit
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"Crèche"

Seit Anfang November helfe ich nun schon im Day Care Center („Crèche“) mit. Dieses befindet sich auf dem Krankenhausgelände und wird finanziell von der Basel Mission unterstützt. Da ich vormittags nichts zu tun hatte, kam ich auf die Idee dort mit zu helfen und besuchte mit meinem Verantwortlichen die besagte Kindertagesstätte. Die circa 15 Kinder dort sind zwischen zwei und fünf Jahre alt und entsprechend süß. Als sie mich mit einem piepsigen „good morning aka“ begrüßten, konnte ich mir ein lautes „Ohh wie putzig!“ nicht verkneifen. Mir ist inzwischen auch klar wie anstrengend sie sein können, aber sie sind mir trotzdem jetzt schon so sehr ans Herz gewachsen, dass ich mich jeden Morgen unendlich freue sie zu sehen. 

Die Eltern der Kinder sind zum größten Teil sehr arm und haben aufgrund der harten Arbeit nur sehr wenig Zeit für sie. Außerdem ist die Crèche auch eine Art Vorschule, da den Kindern das englische und kannadische Alphabet, die Zahlen, Farben, et cetera beigebracht werden. Morgens um acht werden die Kinder gebracht und um halb neun sind schon die aller meisten da. Das ist auch die Zeit in der ich dazu komme. Weshalb ich nicht auch um acht komme, weiß ich auch nicht so genau, aber die Leiterin der Crèche (Namita) hat mir direkt am Anfang gesagt, dass ich erst später kommen soll. Bis um halb zehn werden Bibelverse aufgesagt, gebetet und gesungen. Da kann ich nicht so viel mithelfen, weshalb ich mich einfach zu den Kindern geselle und brav der Leiterin nachplappere. Das Singen und Tanzen macht total Spaß und auch für die Kinder ist es amüsant, da ich die Texte und Schritte etwas verzögert nachmache.

Wenn es dann endlich Frühstück gibt, darf ich mich seit ein paar Tagen sogar zu den Kindern auf den Boden setzen und gemeinsam mit ihnen essen. Am Anfang war das vor allem für die beiden sehr netten Köchinnen unvorstellbar, dass ich nicht an dem Tisch sitzen möchte, sondern neben den Kindern auf dem “unbequemen“ Boden. Wenn wir alle fertig gegessen haben, den Reis vom Boden aufgesammelt haben und die Kinder alle brav auf der Toilette waren, ist wieder Zeit für Bibelverse. In der Crèche wird (wie ihr vielleicht schon bemerkt habt) sehr auf eine christliche Erziehung geachtet. Doch dass nur ein kleiner Teil der Kinder aus christlichen Familien kommt und die Kinder von zuhause teilweise andere Religionen gewohnt sind, wird nicht beachtet. Natürlich ist es schön verschiedene Religionen kennenzulernen, aber Zuhause das eine zu lernen und in der Kindertagesstätte etwas anderes, ist in diesem Alter meiner Meinung nach verwirrend. Dass das Beten und Aufsagen von Psalmen zu so einer Pflicht wird und den Kindern keine Wahl gelassen wird ob sie mit beten wollen oder nicht, ist schon sehr ungewohnt.

Dann kommt endlich der Teil den ich bis jetzt übernehme, „der Vorschulteil“. Zwei- bis Vierjährige zu unterrichten ist relativ anstrengend, da sie lieber spielen wollen und sich vor Langeweile gegenseitig an den Kleidern nuckeln. Deshalb versuche ich immer etwas Bewegung reinzubringen, was jedoch nicht so gerne gesehen wird, da die Kinder dann vor Freunde lachen oder schreien und das zu laut ist (über der Kindertagesstätte wohnen Krankenschwestern, die teilweise in der Nacht gearbeitet haben und tagsüber schlafen). Wenn brav gelernt wurde, dürfen die Kinder auf das geliebte Karussell, welches vor dem Gelände steht. Auch mir macht dieses Karussell am meisten Spaß, da die Kinder laut sein dürfen und mit dem Karussell um die Wette quietschen.

Der weniger schöne Teil ist dann, die Kinder zum Händewaschen zu bewegen, da das Mittagessen immer viel zu früh fertig ist. Da die Kleinen mich noch nicht so richtig als Autorität sehen, gestaltet sich das immer etwas schwierig. Direkt am ersten Tag meinte Namita zu  mir, dass ich distanzierter zu den Kindern sein soll und zu nett bin. Außerdem darf/soll ich keinen Körperkontakt zu den Kindern aufnehmen (so etwas wie auf den Schoß nehmen, hochheben, umarmen oder über den Kopf streichen). Am Anfang viel mir das schwer, aber inzwischen habe ich mich mit meiner Chefin arrangiert und ich kann die Kleinen zumindest umarmen. Diese Regeln haben den Grund, dass die Kinder mehr Respekt vor mir haben, wenn ich mich zu ihnen distanziert verhalte. Nach dem Mittagessen ist meine Arbeit auch schon getan und ich gehe zurück zu meiner Wohnung, da die Kinder den restlichen Nachmittag schlafen, bis sie um vier wieder abgeholt werden. Auch ich brauche dann  etwas Ruhe und entspanne mit leckeren Granatäpfeln auf meinem Dach.

Ich bin wirklich froh nun endlich einen richtigen Arbeitstag zu haben. Abends unterrichte ich nach wie vor in dem Boys Home, weshalb ich auch nachmittags mit der Vorbereitung etwas zu tun habe. Nur sonntags habe ich nichts zu tun, abgesehen von dem Gottesdienst natürlich, den ich immer brav besuche. Manchmal sehe ich sogar ein paar von den Kindern aus der Crèche wieder, worüber ich mich immer ganz besonders freue. Danke für das treue Lesen,

Liebe Grüße, eure Johanna

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Das Gebäude ist das Poliohome neben meiner Wohnung. (Foto: EMS/Beerlage)
Mein verdienter Granatapfel auf dem Dach
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Wir waren zu früh da, weshalb sie so leer aussieht, später war sie komplett gefüllt. (Foto: EMS/Beerlage)
die Kirche von innen