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10 Freiwillige weltweit. Täglich neue Eindrücke und Erlebnisse. Kleine und große Herausforderungen. Erfahrungen für das ganze Leben – all das ist das Ökumenische FreiwilligenProgramm der Evangelischen Mission in Solidarität (EMS)

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Dieser Stoff wurde aus zwei unterschiedlich farbigen Streife aneinander genäht und mit den Symbolen bedruckt. (Foto: EMS/Lenz)
Dieser Stoff wurde aus zwei unterschiedlich farbigen Streife aneinander genäht und mit den Symbolen bedruckt.
02. August 2019

Die Weber, die Färber und die Adinkra-Symbole

Carola

Carola

Ghana
unterstützt das Agogo-Hospital
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Sicherlich habt ihr schon einmal von den wunderschönen Stoffen gehört, die es hier in Ghana und in anderen afrikanischen Ländern gibt. Man findet sie überall, sie sind schön bunt und sehen einfach klasse aus! Hier möchte ich euch heute über eines der wichtigsten Kunsthandwerke und Symbolik der Ashanti-Region berichten. Die Ashanti-Region mit ihrer Hauptstadt Kumasi ist eine der 16 Regionen in Ghana. Geographisch liegt sie in der Südlichen Mitte Ghanas und ist bekannt für ihre vielen Handwerksdörfer und dem Gebrauch vieler Symbole auf Hauswänden und Stoffen.

Neben den üblichen Baumwollstoffen, die viele der Leute auch im Alltag tragen, gibt es auch noch die gewobenen Kentestoffe. Diese werden hauptsächlich bei besonderen Anlässen, wie Hochzeiten, Beerdigungen oder Chief-Zeremonien getragen. Früher waren die Kentestoffe ausschließlich den Chiefs vorbehalten und durften auch nur von einem ausgewählten Kreis von Webern gefertigt werden. Die Stoffe werden auch heute noch ausschließlich von Hand gewebt. Es gibt sehr viele Farbkombinationen, sowie viele, teilweise komplizierte Muster.

Die Weber

Der Webprozess kann - je nach Art des Stoffes - bis zu vier Wochen dauern. Für ein Kentetuch werden bis zu 24 gewebte, etwa handbreite Streifen aneinander genäht. Die Streifen werden mit Hilfe eines Webstuhls hergestellt. Dabei gibt es drei unterschiedliche Methoden:

Das einfache Weben:
Es wird nur eine Farbe verwendet, wodurch ziemlich schnell gewebt werden kann. Das Webschiffchen rauscht nur so hin und her, dass man es gar nicht erkennen kann :)

Das zweifache Weben:
Bei dieser Methode wird ein Muster mit unterschiedlichen Farben, als Querstreifen, eingewebt, wodurch diese Variante nicht mehr ganz so schnell hergestellt werden kann. Das Muster ist auf der Rückseite des Streifens als Negativ zu sehen.

Und dann gibt es noch das dreifache Weben:
Diese Methode ist die (zeit-)aufwendigste und deshalb sind diese Stoffe die teuersten Kente. Auch hier wird ein Muster aus verschieden Farben eingewebt. Dabei gibt es zwei Besonderheiten: Zum einen werden nun nicht mehr nur einfache Querstreifen, sondern auch aufwendige Muster eingewebt. Hierfür wird der Faden nicht über die ganze Breite, sondern mit den Fingern nur über einen Teil der Breite durchgezogen und so mit verschiedenen Farben kombiniert. Dadurch ergibt sich die zweite Besonderheit, bei der das Muster sowohl auf der Vorderseite, als auch auf der Rückseite dasselbe ist. Jedem dieser Muster wird eine bestimmte Bedeutung zugeordnet.

Die Färber

Vieler der einfach gewebten Kentestoffe werden anschließend noch mit Symbolen bedruckt. Diese Kunst wird als Familiengeheimnis gut gehütet an die nächste Generation weitergegeben.
Bedruckt wird der Stoff traditionell mit schwarzer Farbe, welche aus der Rinde eines bestimmten Baumes in einem langwierigen Verfahren hergestellt wird. Dazu wird die Rinde zerkleinert, für einen ganzen Tag eingeweicht und anschließend gestampft. Dann gekocht, die Fasern ausgesiebt und noch einmal, eine ganze Woche lang gekocht, bis sich eine zähflüssige Konsistenz ergibt. Ist die Farbe noch warm, ist sie einsatzbereit. Trocknet die Farbe, muss sie nur noch einmal auf dem Feuer warmgemacht werden und sie kann wieder verwendet werden. Einmal, auf einem Stoff getrocknete Farbe, kann nicht wieder entfernt werden.

Die Adinkra-Symbole

Die Farbe wird mit Stempeln auf den Stoff aufgetragen. Diese Stempel werden aus der Schale der Kalabash (Kalebasse/ = ausgehöhlte, getrocknete Hülle des Flaschenkürbisses) geschnitzt und mit kleinen Hölzchen auf der Rückseite zusammengemacht, um die Stempel halten zu können. In die Schale werden die sogenannten Adinkra-Symbole eingeschnitzt. Es gibt insgesamt 60 traditionelle Adinkra-Symbole, jedoch sind es in der Zwischenzeit noch viel mehr. Jedes dieser Symbole hat eine bestimmte Bedeutung und/oder drückt eine Lebensweisheit aus.

Im Bild unten rechts seht ihr zwei der bekanntesten Symbole:

Gye Nyame (accept God)
Das Gye Nyame ist eines der bekanntesten Adinkra-Symbole. Es ist an sehr vielen Orten in der Ashanti-Region zu finden. Es steht für die Allmacht Gottes und bedeutet „Gott alleine“.

Sankofa (back to the roots)
Auch diese ist eines der bekannteren Symbole. Es ist ein traditionelles Symbol, welches durch einen Vogel dargestellt ist, der seinen Kopf zum Rücken gedreht hat. Das neuere Symbol sieht einem Herz ähnlich und hat genau die gleiche Bedeutung. Es bedeutet „zurück zu den Wurzeln“ und sagt aus, dass du jederzeit zu deinen Wurzeln und deiner Herkunft zurückkehren kannst.

Ich hoffe ich konnte euch einen kleinen Eindruck vermitteln von Ghana und der Ashanti-Region, welches für gut 11 Monate mein Zuhause war. Ich finde es sehr schön, dass das traditionelle Kunsthandwerk auch heute noch eine wichtige Rolle spielt.

 

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Viele Stempel mit den Adinkra-Symbolen in unterschiedlichen Größen. (Foto: EMS/Lenz)
Viele Stempel mit den Adinkra-Symbolen in unterschiedlichen Größen.