Weltweit erlebt
ÖFP

Weltweit erlebt

10 Freiwillige weltweit. Täglich neue Eindrücke und Erlebnisse. Kleine und große Herausforderungen. Erfahrungen für das ganze Leben – all das ist das Ökumenische FreiwilligenProgramm der Evangelischen Mission in Solidarität (EMS)

info_outline
Beste Freundinnen haben immer etwas zu lachen (Foto: EMS/Gruss)
Beste Freundinnen haben immer etwas zu lachen (Foto: EMS/Gruss)
25. Februar 2019

Zusammenleben

Leonie

Leonie

Indien
unterstützt ein Heim für Kinder mit geistiger Behinderung
zur Übersichtsseite

Wie ist das Leben mit 40 Kindern und Jugendlichen mit verschiedensten geistigen wie auch körperlichen Einschränkungen?

Vorneweg möchte ich noch anmerken, dass mein bisheriger Kontakt zu behinderten Menschen, in welcher Form auch immer, sehr eingeschränkt stattgefunden hat und sich mehr oder weniger auf ein dreiwöchiges Praktikum bei der Bahnhofsmission im Hauptbahnhof Stuttgart beschränkt. Dort fand der Kontakt jedoch zumeist sehr oberflächig und kurz statt, wenn ich behinderte Kinder oder Jugendliche von Gleis zu Gleis gebracht habe oder ich sie bei einer Wartezeit unterhalten habe. Hier im Asha Nilaya ist der Kontakt natürlich viel intensiver, weil wir alle zusammenleben.

Ich möchte auch gleich an den Anfang stellen, dass ich bei meiner ersten Begegnung mit den Kindern einfach nur überfordert war. Von den vielen neuen erwartungsvoll schauenden Gesichtern, von denen einige sehr (be)fremdlich ausgehsehen haben und einfach weil viele so „anders“ aussehen (was auch immer das jetzt heißen mag). Es lag aber vielleicht auch daran, dass kein Erwachsener, kein Betreuer bei dieser ersten Begegnung dabei war, der das erste Kennenlernen hätte begleiten können. Okay, kein Betreuer stimmt nicht ganz, denn es war Anita dabei. Anita ist eine Betreuerin der Heimkinder und selbst ehemaliges Heimkind. Sie ist jetzt volljährig und taub. Sie kommuniziert mit den Kindern und dem restlichen Personal über Gebärden, die ich bei unserer ersten Begegnung allerdings noch nicht sehr gut deuten konnte. Ziemlich schnell ist mir jedoch aufgefallen, dass alle Kinder ihre Zeichen verstehen und benutzen können, selbst diejenigen, die sich sonst fast gar nicht ausdrücken können. Das beeindruckt mich auch heute noch sehr.

Für mich war es zu Beginn auch sehr befremdlich, wie die Kinder miteinander umgehen, weil das aus meiner Sicht oft sehr grob ist. Mittlerweile verstehe ich jedoch, dass dieses Körperliche sein muss, weil das für die Kinder oft viel eindeutiger ist und sie diese Gesten besser verstehen können als viel Gerede. Abgesehen davon können manche Kinder auch gar nicht reden. Dieses Körperliche zeigt sich jedoch auch oft in Umarmungen oder wenn das eine Kind dem anderen Kind seine Zöpfe flicht oder die vom Spielen verknitterte Kleidung wieder zurecht macht. Überhaupt ist es für mich schön zu sehen, wie gut der Alltag hier funktioniert, weil jeder seine Aufgabe (Speisesaal putzen, Wäsche waschen, leere Teller wegräumen etc.) hat und diese auch erledigt. Die Kinder freuen sich auch jedes Mal total wenn sie ihre Aufgaben erledigen dürfen, weil sie dann beim abendlichen Prayer aufstehen dürfen und alle für sie klatschen.

Ein Junge hier kann nicht richtig laufen, sondern bewegt sich eher im Sitzen voran. Auch er kann sich verbal nicht verständigen und tickt manchmal richtig aus, wenn es ihm zu viel oder zu laut wird. Er kann dann auch ziemlich aggressiv werden und schmeißt auch mal eine Bank um. In diesem Moment haben viele Kinder dann auch Angst und trotzdem gehen sie, wenn er sich wieder beruhigt hat, zu ihm hin und bringen ihm sein Essen oder tragen ihn auf einem Stuhl zum nächsten Unterrichtsraum. Dieser Zusammenhalt untereinander berührt mich immer wieder und lässt mich die Kinder auch in mein Herz schließen mit all ihren eigenen Besonderheiten. Die Kinder motivieren mich auch total und geben wahnsinnig viel an Liebe zurück. Einfach nur wenn ein Kind, das mir die ersten zwei Monate nicht in die Augen schauen kann, eines Tages einfach meine Hand nimmt oder wenn schon morgens um Punkt Acht zwei Kinder vor meiner Türe stehen, klopfen, good morning rufen und ich dann jeden Morgen eine Umarmung bekomme, wenn ich die Türe aufmache (so stehe ich wirklich gerne auf).

Ganz liebe Grüße aus dem Asha Nilaya

Leonie

info_outline
Geschwisterliebe (Foto: EMS/Gruss)
Geschwisterliebe (Foto: EMS/Gruss)
info_outline
Am liebsten wird draußen auf dem Spielplatz gespielt (Foto: EMS/Gruss)
Am liebsten wird draußen auf dem Spielplatz gespielt (Foto: EMS/Gruss)